Spinflip oder Umwandlung eines Nukleons?

Abb. Atomkern von Neon-20 mit Protonen und Neutronen. Spinachse = grün

Als „Spinflip“ bezeichnet die Teilchenphysik den Vorgang, bei dem der Spin eines Protons mit Hilfe von Apparaturen um 180° gedreht werden kann. Technisch ist dies heute möglich. Der Hype um so genannte Quantencomputer beruht darauf. Mit Laserstrahlen oder anderen Mitteln werden dabei die Spins von Atomen oder Atombausteinen umgekehrt. Alle Teilchen im Mikrokosmos haben zwei mögliche Ausrichtungen ihres Spins bzw. Drehimpulses. Spin up oder Spin down. Der Spin oder Eigendrehimpuls, der nach der „Rechte-Hand-Regel“ nach oben oder unten zeigt, kann manipuliert werden. Dabei soll es im Quantencomputer neben der Möglichkeit von Spin up↑ und Spin down↓ noch eine sogenannte „Superposition“ geben, die weder das eine noch das andere ist und sich erst bei einer „fertigen“ Berechnung einstellt. Der Weg dorthin dürfte nach Einschätzung von Experten noch einige Jahre dauern. Derzeit müssen Quantencomputer auf den absoluten Nullpunkt gekühlt werden, um stabil zu arbeiten. Das Problem: Die Teilchenspins reagieren auf viele äußere Einflüsse.

Doch hier stellt sich eine andere Frage: Was ist der Unterschied zwischen einem künstlich erzeugten „Spin-Flip“ und der natürlichen Umwandlung eines Protons in ein Neutron oder umgekehrt? Bisher betrachtete die Teilchenphysik diese beiden Vorgänge völlig unterschiedlich. Während der Spinflip sehr schnell und einfach durch eine 180°-Umdrehung der Rotationsachse erfolgt, soll die Umwandlung des Protons oder Neutrons durch eine Neuordnung der „Quarks“ im Inneren eines Nukleons erfolgen. Das Problem der Teilchenphysik besteht darin, dass sie den Spin der Atombausteine Proton und Neutron nicht als deren Identität betrachtet. Sie hat noch nicht erkannt, dass die Richtung des Eigendrehimpulses eines Atombausteins, ihn als Proton oder Neutron kennzeichnet. Stattdessen geht die Teilchenphysik davon aus, dass ein Proton oder Neutron beide Spinrichtungen ↑↓ aufweisen kann, ohne seine Identität zu wechseln. Tatsächlich ist aber der „Spinflip“ eines Atombausteins das gleiche wie die „Umwandlung“ eines Nukleons in die eine oder andere Nukleonenart.

Es gehört zu den vielen Missverständnissen in der Teilchenphysik, dass es immer wieder Phänomene gibt, die von der Wissenschaft doppelt gezählt und damit für zwei verschiedene Phänomene gehalten werden. Ein Grund dafür ist natürlich, dass die Teilchen- und Wechselwirkungstheorien aus verschiedenen Generationen von Wissenschaftlern stammen und sich Jahr für Jahr zu einem riesigen Berg anhäufen – ohne dass die Erkenntnisse aus verschiedenen Quellen miteinander verglichen werden, um Doppelungen auszuschließen.


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